Bericht IDJM 2010 Plön

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Evgenij Schidlowski vom KSV Kassel holt sensationell Gold bei der Internationalen Deutschen Jugendmeisterschaft in Plön/ Schleswig Holstein

Landesverband Hessen belegt in der Gesamtwertung einen hervorragenden 5. Platz

Für die Internationale Deutsche Jugendmeisterschaft (Jahrgänge 1993/ 1994) hatten sich 3 Boxer aus Hessen qualifiziert: Stefan Dell (KSV Kassel - 49kg), Evgenij Schidlowski (KSV Kassel - 60kg) und Öczkan Karadogan (TG Zeilsheim – 69kg). Die Hessen gingen in ihren allesamt stark besetzten Gewichtsklassen als Außenseiter in das Turnier.

Stefan Dell hatte in seiner Gewichtsklasse (6 Teilnehmer) zunächst Losglück und erhielt ein Freilos. Dann traf er im Halbfinale auf Taylan Demirel (Köln/ Mittelrhein). In seinem ersten Kampf über 3 mal 3 min boxte er auf beweglichen Füssen gegen den kompakt in der Doppeldeckung stehenden Demirel. Der Kölner kam zu klareren Treffern und konnte den Kampf nach Punkten für sich entscheiden. Stefan, der von Viktor Geringer trainiert wird, belegte zum wiederholten Male den dritten Platz einer Deutschen Meisterschaft.

Öckan Karadogan (17 Kämpfe), der von Franz Kotrba trainiert wird, hatte sich mit einem überzeugenden RSC- Sieg bei der Südwestdeutschen Gruppenmeisterschaft für seine erste DM qualifiziert. Er traf in seiner Gewichtsklasse (9 Teilnehmer) im Viertelfinale auf den mit 36 Kämpfen erfahreneren Berliner Marlon Tunger. Öckan boxte von Beginn an mutig nach vorne und versuchte seinen Kontrahenten zu stellen. Tunger hielt dagegen und kam zu einigen Kontertreffern. In der dritten Runde mobilisierte der Zeilsheimer Karadogan noch einmal alle Kräfte und der Berliner hatte Mühe sich der Angriffe zu erwehren. Am Ende konnte Öckan den Punktsieg von Marlon Tunger aber leider nicht verhindern. „Das war eine sehr gute Leistung von Öckan. Ihm hat am Ende gegen den kampferfahreneren Berliner nur etwas DM- und Punktmaschinen- Erfahrung gefehlt. Kompliment an ihn und seinen Trainer, ich bin mir sicher, dass Öckan sich im Frühjahr 2011 erneut für die Deutschen Jugendmeisterschaften qualifizieren wird. Dann werden die Karten neu gemischt.“, analysierte HABV- Jugendwart Peter Firner.

Evgenij Schidlowski ging mit nur 14 Kämpfen in seiner Gewichtsklasse (8 Teilnehmer) an den Start. Nach einer fast einjährigen Kampfpause hatte sich der Kasseler Boxer bei der Südwestdeutschen Meisterschaft vor einigen Wochen noch schwer getan. Im Viertelfinale in Plön bekam er es mit Markus Kloß (Könnern/ Sachsen- Anhalt – 55 Kämpfe) zu tun. Evgenij machte Druck und wollte bei den schwer zu kalkulierenden Punktmaschinenurteilen nichts dem Zufall überlassen. Sein Gegner agierte kompakt aus einer sicheren Deckung heraus, konnte aber den Punktsieg vom Hessen- Boxer am Ende nicht verhindern. Im Halbfinale traf er dann auf Malek Ezzeldinne (Gronau/ Westafeln – 44 Kämpfe), der tags zuvor in überzeugender Manier sein Viertelfinale siegreich bestritten hatte. Evgenij präsentierte sich in diesem Kampf in Top- Form. Taktisch gut von seinem Trainer Viktor Geringer eingestellt, ließ er kaum Treffer zu und kam seinerseits variantenreich zu klaren Kopf- und Körpertreffern. Am Ende siegte Evgenij sicher nach Punkten. Was sich dann am nächsten Tag im Finale abspielte kann man schon als eine kleine Sensation bezeichnen. Gegen den schleswig- holsteinischen Lokalmatatoren Chatschik Abramov (45 Kämpfe) zeigte Evgenij Schidlowski den besten Kampf seiner noch jungen Karriere. Unbeeindruckt von den stürmischen Attacken von Abramov fightete Schidlowski aus einer stabilen Deckung zurück. Es entwickelte sich ein auch für die Zuschauer attraktiver Kampf bei dem Abramov gegen den taktisch hervorragend und hochkonzentriert boxenden Kasseler kein Mittel fand. Evgenij, der aus einer sportbegeisterten Familie kommt (sein Vater war früher erfolgreicher Biathlet, sein älterer Bruder Deutscher Meister im Ringen), siegte am Ende hoch verdient und klar mit 19:7 Punkten – eines der höchsten Ergebnisse der gesamten DM.
Der neue Internationale Deutsche Jugendmeister 2010 im Leichtgewicht bis 60kg heißt:
Evgenij Schidlowski vom KSV Kassel!!!

„Einfach nur sensationell wie sich Evgenij von Kampf zu Kampf gesteigert hat. Trainer Viktor Geringer leistet schon seit Jahren hervorragende Arbeit in Kassel. Er hat bereits mit mehreren Boxern zweite und dritte Plätze bei DM`s erreicht, jetzt hat es endlich mit dem ersten Titel geklappt. Super!!!“, kommentierte Peter Firner anschließend.

In der Gesamtwertung der 20 Landesverbände belegte Hessen den 5. Platz. Nach dem 2. Platz bei der Jugend- DM in Köln (2 Goldmedaillen), dem 8. Platz bei der Kadetten- DM in Lindow (1x Gold, 1x Silber, 1x Bronze) und dem 12. Platz bei der Junioren- DM in Bad- Blankenburg (1x Silber, 1x Bronze) wieder eine hervorragende Platzierung.

„Wir sind ein relativ kleiner Landesverband und haben keinen aus Bundesmitteln/ Steuergeldern finanzierten Leistungsstützpunkt. Wir haben aber Top- Trainer in Hessen, die es immer wieder verstehen mit ihren individuell sehr unterschiedlichen Methoden Klasse- Boxer zu formen. Die Zusammenarbeit zwischen mir als HABV- Jugendwart, dem HABV- Sportwart/ Kampfrichterobmann Ulf Rausch und den Vereinen verläuft harmonisch und überwiegend reibungslos. Das merken auch die Athleten. In einer solchen Atmosphäre können sich dann auch hessische Nachwuchsboxer zu Höchstleistungen steigern. Es wird auch einmal wieder Rückschläge geben, aber wir Hessen sind gemeinsam auf einem guten Weg. Der erste Wochenendkaderlehrgang vor einigen Wochen wurde von den hessischen Kaderboxern (13 Teilnehmer) als hervorragend beurteilt. Hier müssen wir anknüpfen und weiter gemeinsam arbeiten. Nur wenn wir weiterhin ziel gerichtet investieren kann Hessen langfristig gegen die Bundes-/ Landesleistungszentren der anderen Landesverbände bestehen. 4 hessische Goldmedaillen bei den 4 jährlich stattfindenden Meisterschaften im Nachwuchsbereich gab es sehr, sehr lange nicht mehr. Ich bin mehr als zufrieden.“, äußerte sich Peter Firner.

Wenig zufrieden kann man als Boxsportfreund mit der aktuellen Wertungspraxis der Kampfrichter bei der Bedienung der Punktmaschine sein. Viele Kämpfe enden inzwischen 1:0 oder 2:1, d.h. dass ein Boxer bei einem Kampf über 3 mal 3 min angeblich nur insgesamt 0 bis 2 Treffer erzielt haben soll. Ein schlechter Witz, ein schlechtes System, welches man keinem der anwesenden Zuschauer plausibel erklären kann. Technisch variantenreiches Boxen mit hoher Schlagfrequenz wird durch dieses System oft noch bestraft, passive Boxpraktiken mit Einzelschlägen aus der Doppeldeckung heraus hingegen noch belohnt. Hier müssen dringend Änderungen her, bevor der Amateurboxsport noch mehr an Ansehen verliert.

v.l.n.r. Schidlowski, Geringer, Dell (alle KSV fight for fun Kassel)

Bericht Peter Firner
Foto Claudia Meier


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